Lymphgefäße / Lymphgefäßerkrankungen
Die Behandlung von Lymphgefäßerkrankungen stellt einen Schwerpunkt unserer Praxistätigkeit dar. Eine gut abgestimmte Zusammenarbeit mit lymphologisch tätigen Physiotherapeuten und Kompressionsversorgern (siehe: Lymphnetz Baden-Württemberg), interventionell und operativ tätigen Kollegen (Gefäßchirurgie, Liposuktion) und mit stationären Einrichtungen garantiert den bestmöglichen Behandlungserfolg.
- Lymphödem
Stau der Lymphe im Gewebe
Lymphödem
Ein Lymphödem ist eine Erkrankung des Lymphsystems. Die Lymphflüssigkeit wird nicht richtig abtransportiert, sie staut sich im Gewebe, Beine und/oder Arme werden dick (geschwollen).
Was ist das Lymphsystem?
Das Lymphsystem wird auch Lymphgefäßsystem oder lymphatisches System genannt. Es ist für den Körper genauso wichtig wie das Herz-Kreislauf-System, ist aber im Allgemeinen weit weniger bewusst und bekannt. Das Lymphsystem ist hauptsächlich für den Abtransport von Flüssigkeit, Eiweiß und Stoffwechselresten aus dem Gewebe verantwortlich. Wenn es nicht richtig funktioniert, kommt es zu dem, was landläufig als „Wasser“ im Gewebe bezeichnet wird. Das Gewebe füllt sich, wird dick, sieht aus wie geschwollen: ein Lymphödem.
Das Lymphsystem verläuft ähnlich wie das Venensystem von den äußersten Enden des Körpers Richtung Herz. In der Nähe des Herzens mündet es in das Venensystem.
Lymphe
Die Lymphe (Lymphflüssigkeit) ist eine hellgelbe Flüssigkeit, die Eiweiße, Fette, Wasser und Immunzellen transportiert. Der Name kommt aus dem Lateinischen: lympha bedeutet klares Wasser, Quellwasser.
Lymphknoten
Lymphknoten liegen an strategischen Stellen im Lymphsystem, in der Regel dort, wo mehrere Lymphgefäße zusammenkommen. In den Lymphknoten werden Bakterien und andere Krankheitserreger erkannt und die notwendigen Antikörper produziert.
Das Lymphsystem hat also zentrale Abwehr- und Reinigungsfunktionen für den Körper.
Welche Arten von Lymphödemen gibt es?
- Lymphödeme werden nach ihrer Entstehung unterschieden.
- Das primäre Lymphödem ist die seltenere Form. Verantwortlich für den Lymphstau sind angeborene Fehlbildungen oder Funktionsstörungen des Lymphsystems.
- Das sekundäre Lymphödem entsteht als Folge von Operationen, Bestrahlungen, Krankheiten, Verletzungen oder Infektionen.
- Das Lipolymphödem entsteht, wenn zu viel Fett aufs Lymphsystem drückt.
- Das Phleb-Lymphödem ist die Folge von Venenerkrankungen.
Primäres Lymphödem
Das primäre Lymphödem ist die seltenere Form. Hier sind Teile der Lymphbahnen oder Lymphknoten von Geburt an nicht, nicht ganz, oder fehlerhaft entwickelt. Das kann Teile von Armen oder Beinen, die ganzen Arme oder Beine oder auch zentrale Körperregionen betreffen. Am häufigsten betroffen sind die Beine. Die typischen Schwellungen treten oft erst später im Leben auf.
Sekundäres Lymphödem
Das sekundäre Lymphödem hat immer eine vorausgehende Ursache, z.B.:
- Eine Verletzung, die Lymphbahnen oder Lymphknoten geschädigt hat.
- Eine Störung/Blockierung des Lymphflusses durch einen Tumor.
- Eine Operation, bei der Lymphknoten entfernt wurden. Z.B. werden bei Brustkrebsoperationen nicht selten die Lymphknoten in der Achselhöhle entfernt.
- Operations- und Bestrahlungsfolgen, z.B. Narben.
- Eine Entzündung infolge von Viren, Bakterien, Pilzen etc., auch rheumatische Entzündungen können die Ursache sein.
- Krankheiten wie chronisch venöse Insuffizienz (CVI) oder Diabetes.
Lipolymphödem (auch: Lip-Lymphödem)
„Lipo“ steht in der medizinischen Sprache immer für „Fett“. Ein Lipolymphödem entsteht, wenn bei stark übergewichtigen Menschen das Fettgewebe so stark auf die Lymphbahnen drückt, dass die Lymphe nicht mehr abfließen kann. Bei der Therapie ist deshalb eine Gewichtsabnahme wichtig – falls dies möglich ist.
Der Lymphstau beim Lipolymphödem kann auch dadurch ausgelöst werden, dass das geschwollene Fettgewebe eines Lipödems auf das Lymphsystem drückt. Abnehmen ist dann nur eingeschränkt möglich.
Phleb-Lymphödem
Die Silbe „Phleb“ steht für alles, was mit den Venen zu tun hat, deshalb wird hier auch vom Venen-Lymphödem gesprochen. Venen- und Lymphsystem hängen eng miteinander zusammen und beeinflussen sich wechselseitig. Wenn das Venensystem gestört ist, z.B. durch Entzündung, Thrombose oder starke Krampfadern, kann in der Folge auch ein Lymphödem entstehen.
Komplikationen, z.B. Erysipel
„Komplikation“ im medizinischen Zusammenhang bedeutet, dass zur eigentlichen Erkrankung ein zusätzliches Problem hinzukommt. Wenn Sie ein Lymphödem haben und Veränderungen bemerken, z.B. Verhärtungen oder Rötungen, sollten Sie immer sofort einen Arzt aufsuchen.
Die häufigste Komplikation bei Lymphödemen ist das Erysipel, zu deutsch: Wundrose. Die Wundrose ist eine Hautentzündung, die durch Bakterien (Streptokokken) verursacht wird und meist den Lymphstau verschlimmert. Erkennungszeichen ist eine scharf begrenzte Rötung, die sich rings um den Entzündungsherd ausbreitet. Druck auf die Wundrose tut weh, oft kommen Fieber, ein starkes Krankheitsgefühl und Schüttelfrost hinzu.
Wie erkennt man ein Lymphödem?
Es gibt verschiedene Lymphödeme, sie entwickeln sich verschieden schnell, manche über Jahrzehnte und sie sind mit ähnlich aussehenden Erkrankungen zu verwechseln, z.B. dem Lipödem.
Für die Therapie ist es sehr wichtig, dass die richtige Form des Lymphödems diagnostiziert wird. Leider ist die Lymphologie ein Stiefkind der Medizin, nur wenige Ärzte und Therapeuten verfügen hier über das notwendige Spezialwissen. Als Patient können Sie Ihren Beitrag leisten, indem Sie sich über Ihr Erkrankungsbild informieren. Bei erfolgloser Therapie sollten Sie mit Ihrem Arzt sprechen und um die Überweisung an einen Spezialisten bitten.
Die Schwellung eines Lymphödems ist anfangs blass und weich. Ein Fingerdruck tut nicht weh, hinterlässt aber eine Delle. Die betroffenen Gliedmaßen fühlen sich schwer an und sind nicht mehr uneingeschränkt beweglich. In fortgeschrittenen Stadien werden die Schwellungen immer dicker, das Gewebe infolge von Ablagerungen immer härter, die Beweglichkeit ist deutlich eingeschränkt und die Patienten bekommen Schmerzen.
Am Bein beginnt ein Lymphödem oft an den Zehen und am Vorfuß. Als Test wird versucht, die obere Haut der zweiten Zehe mit zwei Fingern anzuheben. Wenn das nicht mehr gelingt, weil das Gewebe prall geschwollen ist, spricht man vom „Stemmer’schen Zeichen“. Es ist ein typisches Zeichen für ein Lymphödem, jedoch: Auch wenn das Stemmer’sche Zeichen negativ ist, kann ein Lymphödem vorliegen.
Wie werden Lymphödeme behandelt?
Lymphödeme sind meist nicht komplett heilbar, häufig ist eine lebenslange Therapie notwendig. Aber mit den richtigen Therapiebausteinen und Verhaltensweisen lassen sich die Probleme fast immer so weit reduzieren, dass Sie als Patient ein beschwerdefreies Leben führen können. Nachfolgend die wichtigsten Behandlungsansätze bei Lymphödemen:
- KPE: Komplexe physikalische Entstauungstherapie
- MLD: Manuelle Lymphdrainage
- Lymphologischer Kompressionsverband
- MKS: Medizinischer Kompressionsstrumpf
- Unterscheidung verschiedener Strümpfe
- Bewegungsübungen
- Hautpflege
KPE: Komplexe physikalische Entstauungstherapie
Die KPE (Komplexe Physikalische Entstauungstherapie) ist die erfolgreichste Therapie bei vielen Lymphödemen. Das „K“ im Namen steht für „Komplex“ und zeigt an, dass die Therapie aus mehreren Bausteinen besteht.
Wichtig ist: Die KPE muss mit allen ihren Teilen konsequent und langfristig umgesetzt werden. Dann haben Patienten beste Chancen, beschwerdefrei zu werden. Wenn ein Teil vernachlässigt wird, verlieren auch alle anderen Teile erheblich an Wirkung.
Die KPE besteht aus zwei Phasen:
- Initialphase (Anschubphase, Entstauungsphase): In der Regel zwei bis drei Wochen lang, in schweren Fällen stationär, bei Bedarf jährlich wiederholt.
- Erhaltungsphase: laufend. Die Häufigkeit der Therapietermine muss dem Bedarf angepasst werden.
Die KPE hat vier Bausteine:
MLD: Manuelle Lymphdrainage
Die MLD ist eine spezielle Massagetechnik („manuell“ = mit den Händen), welche das Lymphsystem stimuliert, mehr Lymphe abzutransportieren und damit das Lymphödem zu reduzieren. Ausgeführt wird die MLD von speziell ausgebildeten Masseuren oder Krankengymnasten (Physiotherapeuten). Sie arbeiten schonend und langsam mit kreisenden Bewegungen und bestimmten Handgriffen.
Kompression
Zur Kompression (= Druck) gehören zwei Bereiche: der lymphologische Kompressionsverband, auch Kompressionsbandage genannt, und Kompressionsstrümpfe. Die Kompression dient dazu, die Erfolge von Entstauungsbehandlungen zu erhalten, also einen Rückfluss der Lymphe zu verhindern.
Lymphologischer Kompressionsverband
Ein lymphologischer Kompressionsverband übt genau dosierten Druck auf die Muskeln aus und unterstützt bei Bewegung den Abtransport der Lymphe. Kompressionsverbände werden besonders intensiv in Phase 1 eingesetzt. Der Erfolg der Bandagierung ist ganz wesentlich von Ihrer Mitwirkung als Patient abhängig: Wenn Sie sich konsequent bandagieren (lassen) und dann bewegen, reduziert sich das Lymphödem.
MKS: Medizinischer Kompressionsstrumpf
Wenn die akute Schwellung zurückgegangen ist, wird ein MKS (Medizinischer Kompressionsstrumpf) für Bein(e), Po/Hüften und/oder Arm(e) verordnet. Als Patient brauchen Sie zwei Sätze, damit Sie wechseln können. Spätestens alle sechs Monate sollten Sie neue Strümpfe bekommen, damit die Strümpfe genau passen und nicht ausleiern. Wirkungsvolle Kompressionsstrümpfe müssen möglichst eng anliegen und zusammendrücken wie eine zweite Haut.
Bewegungsübungen
Spezielle Gymnastik und Bewegung beim gleichzeitigen Tragen der maßangefertigten Kompressionsstrümpfe fördert den Abtransport der Lymphe und reduziert das Ödem. Günstig sind „ruhige“ Sportarten wie Spazierengehen, Wandern (nicht Bergsteigen), Radfahren, Schwimmen. Ruckartige Bewegungen, Verletzungsrisiken und Überanstrengung sollten Sie meiden.
In Ruhe sollten Sie, soweit es möglich ist, den Körperteil mit dem Lymphödem hochlagern.
Hautpflege und -schutz
Wenn Sie ein Lymphödem haben, ist es ganz wichtig, dass Sie täglich Ihre Haut begutachten und sorgfältig pflegen. Schon kleine Risse oder Verletzungen bergen ein großes Infektionsrisiko, weil die Heilung infolge des Lymphödems sehr langwierig sein kann, Infektionen sich dagegen leicht ausbreiten.
Achten Sie insbesondere auf Hände und Füße, gehen Sie draußen nicht barfuß und tragen Sie Handschuhe, zum Beispiel bei Haus-, Garten- und Handwerksarbeiten. Führen Sie die Fuß- und Fingernagelpflege vorsichtig durch oder suchen Sie eine Fußpflege auf.
Benutzen Sie möglichst keine parfümierten Wasch- und Pflegeprodukte, weil diese die Haut reizen können. Bevorzugen Sie ph-neutrale Produkte. Wenn Sie Kompressionsbandagen oder -strümpfe tragen, ist die Feuchtigkeitspflege für die Haut wichtig.
- Lipödem
Schwellung im Fettgewebe
Lipödem
Dicke Oberschenkel, aber schlanke Fesseln, und weder Sport noch Diät helfen – das können die Anzeichen für ein Lipödem sein. Beim Lipödem sind die Fettzellen in bestimmten Regionen verändert, im Fettgewebe staut sich Flüssigkeit, es schwillt an, jeder Druck auf das Ödem tut weh. Lipödeme bekommen fast nur Frauen, die Beine sind häufiger betroffen als die Arme.
Was bedeutet Lip…?
Die Silbe „Lip“ oder „Lipo“ bedeutet im medizinischen Bereich immer Fett. Fett ist lebenswichtig, aber zu viel Fett ist ebenso ungesund wie zu wenig Fett. Für Notzeiten und große Belastungen braucht der Körper Energiereserven, diese werden im Fettgewebe gespeichert. Zudem hat das Fettgewebe noch andere Aufgaben, z.B. für die Hormonproduktion.
Das Fettgewebe bildet die unterste Schicht der Haut. Es besteht ganz wesentlich aus Fettzellen. Deren herausragende Eigenschaft ist, dass sie sich stark vergrößern und wieder verkleinern können, je nach Nahrungsangebot.
Frauen sind weit üppiger mit Fettdepot-Möglichkeiten ausgestattet als Männer. Aus Sicht der „Arterhaltung“ ist das auch sinnvoll, denn um Kinder zu bekommen, müssen sie ausreichend „gepolstert“ sein für neun Monate Schwangerschaft und das Stillen der Kinder.
Beim Lipödem schwellen diese Fettdepots übermäßig an, aber nicht, weil die Patientin zu viel isst und sich deshalb die Fettzellen vergrößern, sondern weil das Fettgewebe krankhaft verändert ist. Wie genau diese Veränderungen entstehen und aussehen, ist bis heute nicht eindeutig geklärt.
Sicher scheint, dass die Fettzellen verändert sind und sich in den Räumen zwischen den Zellen Flüssigkeit staut. Das darf normalerweise nicht sein, denn das Fettgewebe verfügt nicht über Lymphgefäße, welche die Flüssigkeit wieder abtransportieren könnten. Da fast nur Frauen und die typisch weiblichen Reserveregionen von Lipödemen betroffen sind, wird ein Zusammenhang mit dem Hormon Östrogen vermutet.
Wie erkennt man ein Lipödem?
Viele Lipödeme werden nicht erkannt und deshalb falsch oder gar nicht behandelt. Typisch für Lipödeme ist:
- Fast nur Frauen sind betroffen.
- Die Körperhälften sind gleich dick (symmetrisch).
- Die Haut „spannt“, Druck auf das Lipödem tut weh, hinterlässt aber keine Dellen. Das Lipödem wird auch Lipohypertrophia dolorosa (schmerzhafte Fettvermehrung) bezeichnet.
- Oberschenkel und Po sind am häufigsten betroffen, als erstes zeigen sich „Reiterhosen“. Typisch sind feste Polster innen an den Oberschenkeln oder Beine, die wie gerade Säulen bis zu den Fesseln gehen. Lipödeme an den Armen sind anfangs seltener, sie kommen eher im Lauf der Erkrankung hinzu.
- Die Fettansammlung ist unproportional, z.B. haben manche Patientinnen bei Hosen zwei bis drei Kleidergrößen mehr als bei Blusen oder trotz dicker Beine sind ihre Fesseln und Füße schlank.
- Viele Betroffene bekommen Blutergüsse schon bei leichtem Anstoßen.
- Im Verlauf der Erkrankung kommt eine Cellulite („Orangenhaut“) hinzu.
- Häufig treten feine Krampfadern („Besenreiser“) auf.
Womit kann man ein Lipödem verwechseln?
Für einen Arzt mit lymphologischem Fachwissen ist es kein Problem, ein Lipödem richtig zu erkennen. Wenn Sie möglicherweise betroffen sind, kommen Sie zu einer Untersuchung in unsere Praxis, denn: Dick ist nicht gleich dick.
Dazu kommt, dass Lipödeme sowohl die Folge einer anderen Fettverteilungsstörung sein können als auch andere Erkrankungen wie Adipositas oder Lymphödeme nach sich ziehen können. Manche Lipödem-Krankengeschichte lässt sich bis in die Pubertät zurückverfolgen, schon auf Fotos aus schlanken Zeiten lassen sich die Verdickungen ausmachen.
Von folgenden anderen Erkrankungen und Fettverteilungsstörungen muss ein Lipödem unbedingt abgegrenzt werden:
- Lymphödem
- Lipolymphödem
- Lipom
- Adipositas
- Symmetrische Lipomatose des Rumpfes
- Extremitäten-Lipohypertrophie
Lymphödem
Ein Lymphödem ist ein Stau von Lymphflüssigkeit im Lymphsystem. Es kann auch Hände oder Füße betreffen und kann auch einseitig auftreten.
Lipolymphödem
Ein Lipolymphödem entsteht, wenn zu viel Fettgewebe auf das Lymphsystem drückt. Der Abtransport der Lymphe wird erschwert, die Lymphe staut sich, ein Lymphödem entsteht. Ein Lipolymphödem entsteht nicht selten, wenn ein Lipödem lange unbehandelt bleibt.
Lipom
Ein Lipom ist eine Fettgewebsvermehrung an einer Stelle des Körpers, Lipome können auch an mehreren Stellen auftreten (multiple Lipome). Sie sind meist rundlich und weich und schmerzen nicht. Lipome sind in der Regel gutartig und müssen nur entfernt werden, wenn sie optisch stark stören, schmerzen, oder die Beweglichkeit einschränken. Wer Lipome entfernen lässt, sollte sich an einen erfahrenen Operateur wenden: Dann bleiben nur sehr kleine Operationsnarben zurück.
Adipositas
Adipositas ist starkes Übergewicht. Es kann den ganzen Körper betreffen, beginnt aber oft rund um den Rumpf. Das Fettgewebe ist weich und tut auf Druck nicht weh. Adipositas kann durch mehr Bewegung und weniger Essen reduziert werden.
Schwierig für die Diagnose eines Lipödems ist, dass viele Patientinnen ihre Figur schon „aufgegeben“ haben und deshalb zusätzlich adipös wurden: Wenn Diät und Sport immer erfolglos gegen die „Problemzonen“ waren, warum sollten sie sich dann noch bemühen?
Beim Vorliegen einer Adipositas zusätzlich zu einem Lipödem sollten Betroffene unbedingt abnehmen, da Adipositas die Lipödem-Folgen noch verschlimmert.
Außerdem besteht bei Adipositas, besonders bei einer großen „Fettschürze“ an Bauch und Hüften, die Gefahr, dass zusätzlich Lymphödeme und Venenprobleme in den Beinen hinzukommen.
Symmetrische Lipomatose
Die symmetrische Lipomatose betrifft Hals, Schultern, Oberarme und Brust. Diese Fettansammlung kann nicht durch Diät und Bewegung reduziert werden.
Extremitäten-Lipohypertrophie
Diese Lipohypertrophie ist eine starke Fettgewebsvermehrung an Beinen und Armen. Wie das Lipödem tritt auch die Hypertrophie (= Vergrößerung, Vermehrung) fast nur bei Frauen auf und betrifft ebenfalls überwiegend Oberschenkel und Oberarme. Hypertrophie und Ödem können deshalb verwechselt werden, doch verursacht die Lipohypertrophie nicht den für das Lipödem typischen Druckschmerz. Teilweise entwickelt sich aus einer Lipohypertrophie im Lauf der Zeit ein Lipödem, insbesondere, wenn nichts gegen die Hypertrophie unternommen wird.
Eine Lipohypertrophie kann weder durch Diät und Bewegung reduziert werden noch durch Lymphdrainage und Kompressionsstrümpfe. Wenn Sie betroffen sind, sollten Sie unbedingt darauf achten, dass nicht zusätzlich Übergewicht hinzukommt. Eine spezielle Liposuktion (Fettabsaugung) mit Rücksicht auf das Lymphsystem kann helfen.
Wie wird ein Lipödem behandelt?
Lipödeme sind nicht heilbar. Dennoch müssen Lipödeme unbedingt behandelt werden und die Probleme lassen sich meist deutlich reduzieren. Lipödeme sind eine Erkrankung, nicht einfach nur eine „ausgeprägte“ oder „unvorteilhafte“ Figur, die man eben hinzunehmen hat.
Wenn ein Lipödem nicht behandelt wird, verändert sich das Fettgewebe immer mehr, wird immer voluminöser und Folgeerkrankungen kommen hinzu. Die Behandlung reduziert Gewebeverdickungen und schädliche Folgen und verhindert eine Verschlimmerung.
Grundsätzlich ist wichtig, dass vor Behandlungsbeginn eine ganzheitliche Diagnose vorliegt, denn ein Lipödem darf nie isoliert betrachtet werden. Ist z.B. das Lipödem mit starkem Übergewicht kombiniert, muss auch dagegen etwas unternommen werden. Ist das Herz überlastet, muss die Herzleistung stabilisiert werden, sonst könnte der Organismus durch die Folgen des Lipödem-Abbaus überlastet werden.
Nachfolgend die wichtigsten Behandlungsansätze bei Lipödemen:
- KPE: Komplexe physikalische Entstauungstherapie
- MLD: Manuelle Lymphdrainage
- Lymphologischer Kompressionsverband
- MKS: Medizinischer Kompressionsstrumpf
- Bewegungsübungen in Kompression
- Hautpflege
- Liposuktion (Fettabsaugung)
Die KPE (Komplexe Physikalische Entstauungstherapie) wird in Zusammenhang mit Lipödemen auch als „konservative“ Therapie bezeichnet, im Gegensatz zur „operativen“ Therapie, der Liposuktion. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass nach einer Liposuktion immer eine KPE durchgeführt werden muss, denn ein Lipödem ist nicht heilbar.
KPE: Komplexe physikalische Entstauungstherapie
Die KPE (Komplexe Physikalische Entstauungstherapie) entfernt bei einem Lipödem Lymphflüssigkeit aus dem Fettgewebe. Das „K“ im Namen steht für „Komplex“ und zeigt an, dass die Therapie aus mehreren Bausteinen besteht.
Wichtig ist: Die KPE muss mit allen ihren Teilen konsequent und langfristig umgesetzt werden. Dann haben Patienten beste Chancen, beschwerdefrei zu werden. Wenn ein Teil vernachlässigt wird, verlieren auch alle anderen Teile erheblich an Wirkung.
Die KPE besteht aus zwei Phasen:
- Initialphase (Anschubphase, Entstauungsphase): In der Regel in einer Klink, drei Wochen lang, bei Bedarf jährlich wiederholt
- Erhaltungsphase: laufend
Die KPE hat vier Bausteine:
MLD: Manuelle Lymphdrainage
Die MLD ist eine spezielle Massageart, welche das Lymphsystem stimuliert, mehr Lymphe abzutransportieren. Damit entsteht eine Art Sog, der dafür sorgt, dass Lymphflüssigkeit aus dem Fettgewebe verschwindet: Der Druck reduziert sich, das Gewebe ist weniger prall und die Druckempfindlichkeit des Lipödems lässt nach. Ausgeführt wird die MLD von speziell ausgebildeten Masseuren oder Krankengymnasten (Physiotherapeuten). Sie arbeiten schonend mit kreisenden Bewegungen und bestimmten Handgriffen. Besonders kräftige MLD-Griffe dürfen sie bei einem Lipödem allerdings nicht durchführen, da sonst Blutergüsse entstehen.
Kompression
Zur Kompression (= Druck) gehören zwei Bereiche: der lymphologische Kompressionsverband, auch Kompressionsbandage genannt, und Kompressionsstrümpfe. Die Kompression dient dazu, die Erfolge der MLD (Manuellen Lymphdrainage) zu erhalten, also einen Rückfluss der Lymphe ins Fettgewebe zu verhindern.
Lymphologischer Kompressionsverband
Ein lymphologischer Kompressionsverband übt genau dosierten Druck auf die Muskeln aus und unterstützt bei Bewegung den Abtransport der Lymphe. Kompressionsverbände werden besonders intensiv in Phase 1 eingesetzt, beim Lipödem allerdings erst nach einigen Tagen, wenn der größte Druck im Fettgewebe gelöst werden konnte und die schmerzhafte Druckempfindlichkeit nachlässt.
MKS: Medizinischer Kompressionsstrumpf
Wenn die akute Schwellung zurückgegangen ist, wird ein MKS (Medizinischer Kompressionsstrumpf) für Beine, Po/Hüften und gegebenenfalls die Arme verordnet. Als Patient brauchen Sie zwei Sätze, damit Sie wechseln können. Spätestens alle sechs Monate sollten Sie neue Strümpfe bekommen, damit die Strümpfe genau passen und nicht ausleiern. Wirkungsvolle Kompressionsstrümpfe müssen möglichst eng anliegen und zusammendrücken wie eine zweite Haut.
Bewegungsübungen
Spezielle Gymnastik und Bewegung beim gleichzeitigen Tragen der maßangefertigten Kompressionsstrümpfe fördert den Abtransport der Lymphe und reduziert das Lipödem. Günstig sind „ruhige“ Sportarten wie Spazierengehen, Wandern (nicht Bergsteigen), Radfahren, Schwimmen. Ruckartige Bewegungen, Verletzungsrisiken und Überanstrengung sollten Sie meiden.
In Ruhe sollten Sie, soweit es möglich ist, den Körperteil mit dem Lipödem hochlagern.
Hautpflege und -schutz
Wenn Sie ein Lipödem haben, ist es ganz wichtig, dass Sie täglich Ihre Haut begutachten und sorgfältig pflegen. Schon kleine Risse oder Verletzungen bergen ein großes Infektionsrisiko, weil die Heilung infolge des gestörten Lymphabflusses sehr langwierig sein kann, Infektionen sich dagegen leicht ausbreiten. Schützen Sie deshalb bei allen Aktivitäten Ihre Haut, z.B. auch mit Handschuhen bei allen Haus-, Garten- und Handwerksarbeiten.
Benutzen Sie möglichst keine parfümierten Wasch- und Pflegeprodukte, weil diese die Haut reizen können. Bevorzugen Sie ph-neutrale Produkte. Wenn Sie Kompressionsbandagen oder -strümpfe tragen, ist die Feuchtigkeitspflege für die Haut wichtig.
Liposuktion (Fettabsaugung)
Eine Liposuktion (Fettabsaugung) kann die extrem verdickten Fettgewebeschicht eines Lipödems reduzieren. Zwei Dinge müssen hier aber grundsätzlich beachtet werden:
1. Die Liposuktion sollte nur von einem lymphologisch fortgebildeten und erfahrenen Mediziner durchgeführt werden, der schonende Methoden einsetzt, denn das ohnehin überlastete Lymphsystem darf auf keinen Fall verletzt werden.
Scheuen Sie sich als Patient nicht, den Mediziner nach seiner nachweisbaren lymphologischen Fachkompetenz zu fragen. Adressen von Ärzten, die sowohl Erfahrung in Liposuktion haben als auch lymphologisch qualifiziert sind, können Sie bei von Ihrem behandelnden Arzt oder Therapeuten erfragen.
2. Ein Lipödem ist grundsätzlich nicht heilbar. Die Krankheit ist begründet in einer krankhaften Veränderung der Fettzellen beziehungsweise des Fettgewebes und diese Veränderung lässt sich nicht wegsaugen. Seien Sie skeptisch bei Aussagen wie: „Lipödeme sind heilbar.“
Was eine professionelle, schonende Liposuktion bei Lipödem aber bringen kann, ist eine Reduzierung der störenden Fettpolster: Das erkrankte Fettgewebe wird reduziert, der Druck lässt nach und die Beweglichkeit nimmt zu, Letzteres besonders, wenn Fett an den Innenseiten der Oberschenkel abgesaugt wird. Sofort nach einer Fettabsaugung muss die oben beschriebene KPE (Komplexe Physikalische Entstauungstherapie) konsequent durchgeführt werden, um den Erfolg der Liposuktion zu erhalten.
Die Kosten für eine Liposuktion tragen meist die Patienten. Nur in absoluten Ausnahmefällen bei schweren körperlichen Behinderungen zahlt die Krankenkasse.
Wie wird eine Liposuktion durchgeführt?
Grundsätzlich geht es bei einer Fettabsaugung darum, Fettzellen aus dem Fettgewebe zu entfernen. Entfernte Fettzellen können nur in sehr geringem Umfang wieder „nachwachsen“.
In Fachkreisen anerkannt ist heute die schonende Liposuktion mit Tumeszenz-Lokalanästhesie. Für die Behandlung wird in das betroffene Fettgewebe die Tumeszenz-Flüssigkeit gespritzt: Sie enthält ein lokales Betäubungsmittel und Substanzen, welche die Fettzellen aus dem Gewebe lösen. Nach einer Einwirkzeit werden Tumeszenzflüssigkeit und Fettzellen vorsichtig mit einer Kanüle aus dem Gewebe abgesaugt. Zum Einsatz kommen hier spezielle Vibrationskanülen, die sich fein vibrierend an den Gewebestrukturen vorbeidrängen ohne sie zu verletzen.